Gastbeitrag: Jetzt bin ich Thermomix-Mann
Mein Name ist Daniel und ich oute mich: Seit 3 Wochen bin ich stolzer Besitzer eines Thermomix und liebe dieses Haushaltsgerät. Eigentlich dürfte das niemand hören, denn jahrelang habe ich mich vehement gegen dieses Gerät gewehrt.
„Ich bin ein Mann, ich koche selber. Dafür brauche ich kein Gerät was mir Anweisungen gibt. Du verlierst doch komplett den Bezug zum Kochen und zum Lebensmittel.“
Ich, Bis vor 3 Wochen
Ein Gewinn für meine Faulheit
Wer schon einmal eine große Menge Bolognesesauce selbst gemacht hat, weiß, dass das Schneiden von Gemüse und Co. und das ewige Umrühren die meiste Zeit fressen. Da stehe ich am Herd und mache 30 Minuten lang nichts anderes als aufzupassen, dass nichts überkocht und die rote Masse immer wieder mit dem großen Kochlöffel umzuwälzen.
Dank Thermomix zerkleinere ich Zutaten in Sekunden auf die richtigen Größen und automatisiere das Umrühren. Zeit einstellen, Temperatur einstellen, Rührstufe einstellen – In der Zwischenzeit kann ich mich anderen „Männersachen“ hingeben: Kinder zeugen, Bäume pflanzen, Häuser bauen, Bier trinken.
Die meisten Frauen lieben den Thermomix. Als Mann war ich skeptisch um nicht zu sagen „komplett dagegen“. Doch Pürrieren geht über Studieren.
Ich, schon immer wissenschaftlich unterwegs.
Die digitale Transformation gemeistert
Vorwerk hat mit dem Thermomix TM6 geschafft, wovon viele andere Unternehmen und deren Produkte nur träumen können: Ein eigentlich analoges Produkt wurde sinnvoll in die Digitale Welt gebracht.
Der Thermomix wird größtenteils über ein Touch-Display bedient. Schon hier merkt man, dass solide und schnelle Software dahintersteckt. Das Gerät reagiert schnell und zuverlässig auf Eingaben, die Bedienelemente sind intuitiv angeordnet. So intuitiv, dass in meinen Augen kein Mensch auf dieser Welt jemals eine Bedienungsanleitung lesen muss um das Teil bedienen zu können. Außer mein Vater, der würde überall drauf herumdrücken bis das Teil irgendwann explodiert.
Über das Display kann der Thermomix nicht einfach nur bedient werden. Im „Guided Cooking“-Modus zeigt uns das Gerät Schritt für Schritt an, welche Zutaten nun als nächstes zugegeben werden müssen, wie lange diese dann mit welcher Temperatur und welcher Rühr- oder Mix-Stufe bearbeitet werden müssen und unterstützt uns dabei mit einer integrierten Waage. Nie war das einfüllen genauer Mengen so einfach und schnell. Meine alte grüne Küchenwaage aus den 60ern ist nun jedenfalls im Ruhestand und ich mache keine Messbecher mehr dreckig. Die Waage ist auch dann verfügbar, wenn das Gerät gerade mit anderen Tätigkeiten beschäftigt ist.
Von Berufswegen sehe ich digitale Benutzeroberflächen immer mit einem sehr kritischen Auge was Ergonomie und Intuitivität betrifft. Hier habe ich absolut nichts zu meckern, mein IT-Nerd-Herz ist begeistert.
„Nimmt mir das Gerät wirklich das Kochen ab? Nein. Meine Rezepte werden jetzt lediglich direkt am Topf auf einem Display angezeigt.“
Ich, nach 3 Wochen Thermomix
Und genau diese smarten Funktionen habe ich nun also so lange verteufelt. Warum eigentlich? Vielleicht, weil mein Ego nicht die Kontrolle über das Kochen abgeben wollte. Doch bei genauerem Hinsehen, habe ich den Kochlöffel gar nicht aus der Hand gelegt: Früher habe ich nach Rezepten auf Papier, in Büchern oder im Smartphonedisplay gekocht. Diese Anweisungen zeigt mir nun eben der Thermomix an. Die Nähe zum Lebensmittel oder gar zum Kochen habe ich dadurch nicht verloren, aber ich spare mir viel Zeit.
Eine große Menge Geld ist weg
Kommen wir direkt zu einem Nachteil: Ja, der Thermomix ist teuer. Ich bin 1300€ ärmer. Früher hätte ich gesagt „1300€ für einen Mixer? Geh mir weg mit dem Ding und rede bitte nie wieder mit mir“.
Aber früher hatte ich auch nur Mixer für maximal 150€ in der Küche. Und seitdem ich zum ersten Mal mit dem Thermomix selber Puderzucker hergestellt habe und aus ganzen Körnern Mehl hergestellt habe, weiß ich, dass 150€-Mixer Schrott sind. Spätestens beim Mehl hätten die mich allesamt im Stich gelassen.
Trotzdem musste ich mir die große Ausgabe erst irgendwie schönreden. Das habe ich erfolgreich gemacht, indem ich mir vor Augen geführt habe, dass ich mir schon immer einen anständigen Sous-Vide-Garer zulegen wollte. Dafür hätte ich mindestens 400€ hingeblättert.
Anmerkung: Ja, ich weiß, es gibt auch Sous-Vide-Sticks die man wie einen Tauchsieder in einen Kochtopf hängt und ja, ich weiß die sind billiger. Aber die brauchen länger zum Erhitzen und haben exorbitant hohen Stromverbrauch, weil durch den Kochtopfdeckel ständig Energie verloren geht.
Lange Rede kurzer Sinn: Der Thermomix kann auch Sous-Vide-Garen, also 400€ gespart. Unter dieser Argumentation tat mir der Kauf etwas weniger weh.
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Apropos „wehtun“: Ich hasse meine alte Küchenreibe. Wie oft habe ich mir beim Reiben von Möhren, Kartoffeln oder Parmesan aus Schusseligkeit die Fingerknöchel weggehobelt? Auch das ist nun vorbei. Großer Vorteil, rechtfertigt für mich die restliche Ausgabe. Mir teure Sachen schönreden, das konnte ich schon immer gut – bereut habe ich es selten.
Gegen die Lebensmittelverschwendung
Zeit spare ich mir nicht nur beim Kochen, sondern auch beim Einkaufen. Über die „Cookidoo“-App plane ich den Speiseplan für die gesamte Woche – und kaufe nur einmal ein. Die App addiert für mich die Mengen der einzelnen Zutaten und so wird schon die Planung des Einkaufs vereinfacht.
Durch das automatische Zusammenrechnen der benötigten Zutatenmengen kann ich größere Verpackungseinheiten einkaufen und spare somit in den meisten Fällen auch Geld. 500gr Pinienkerne sind eben günstiger als 4x 125gr Pinienkerne.
Positiver Nebeneffekt: Seitdem ich den Thermomix nutze, schmeiße ich kaum noch Lebensmittel weg. Zum einen, weil mich die „Cookidoo“-App durch Ihre Wocheneinkaufsfunktion unterstützt nur die richtigen Mengen zu kaufen, zum anderen weil sich Lebensmittelreste prima für Smoothies verwerten lassen
Anmerkung: Ich meine zum Beispiel Salat oder Obst, nicht unbedingt Fischreste.
Die in der App ausgewählten Rezepte für die gesamte Woche kann ich mit nur einem Klick auf den Thermomix übertragen. So habe ich diese prominent auf dem Display zur Auswahl und muss vor dem Kochen nicht erst lange das richtige Rezept auf dem integrierten Display suchen. Ein weiteres Beispiel für die einwandfreien Digitalfunktionen des Geräts.
Sitzt ein Thermomix an der Bar…
Für das was ich jetzt schreibe, würde mich vermutlich jeder Bartender prügeln.
Aber wenn ich für 8 Gäste Whisky Sour mit Frischei im Shaker zubereiten muss, bin ich ca. eine dreiviertel Stunde lang in der Küche. Wenn ich die Getränke dann endlich serviere, gehen die ersten schon nach Hause.
Also ja verdammt. Ich bin so faul, dass ich in absoluten Notsituationen Cocktails mit dem Thermomix zubereite. Schande auf mein Haupt.
Wenn mir noch einmal jemand sagt, ich könne mit dem Thermomix Ouzo herstellen, raste ich aus. Ernsthaft. Das wird in der Zeitung stehen.
Weniger verwerflich ist der Einsatz des Thermomix im Bar-Umfeld für die Herstellung von Cocktailzutaten wie Fruchtpürree. Eiswürfeln aus Fruchtsorbet, Schokoladensplitter oder Überzüge für den Glasrand. Auch lassen sich Spirituosen mit Aromen vermengen und sogar Liköre können hergestellt werden.
Wo sind die Röstaromen hin?
Der Thermomix TM6 kann braten, so sagt es zumindest das Marketingmaterial. Das stimmt auch, doch wer ein einigermaßen intaktes räumliches Vorstellungsvermögen hat, der fragt sich, wie man ein großes Steak in einem Stück im Mixtopf braten soll. Klare Antwort: Gar nicht.
Die Bratfunktion eignet sich eher für klein gestückeltes Fleisch wie Gyros oder Geschnetzeltes. Da tut sie was sie soll. und das erstaunlich gut.
Wer größere Fleischstücke verarbeiten will, der kann diese im Varoma-Aufsatz dampfgaren. Das funktioniert wirklich gut und es gibt einige leckere Rezepte um Fleisch direkt darin mit einer selbstgemachten Kräuter- oder Käsekruste zu überziehen um nicht zu sagen „zu überbacken“. Daran ist nichts auszusetzen, das Ergebnis hat bisher immer geschmeckt.
Doch nun gibt es auch einige Rezepte, die zum Beispiel große Schweinemedaillons oder Rinderfilet als Komponente enthalten, welche relativ puristisch serviert werden: Nämlich als Stück Fleisch ohne Kruste, Marinade oder Überzug, dafür leicht gepfeffert und gesalzen. Die Rezepte fordern dann das Dampfgaren dieser Fleischstücke im Varoma und das Ergebnis ist eben ein gegartes Stück Fleisch mit Pfeffer und Salz – ohne Röstaromen, ohne Bratgeschmack, ohne Ecken und Kanten, ohne rosanen Kern, ohne Daseinsberechtigung (zumindest nicht für mich).
Diese Kritik richtet sich also nicht gegen den Thermomix als Gerät, sondern eher gegen die Rezeptautoren, die auf Gedeih und Verderb alle Arbeitsschritte mit dem Thermomix erledigen wollen. Zwingt man Euch dazu?
Liebe Leute, die ihr diese Rezepte schreibt: Gebt Euch doch bitte die Blöße und schreibt bei dieser Art von Rezepten, dass man zwar die Gemüsebeilagen, Soßen und alles andere prima mit dem Thermomix herstellen kann, aber mal ganz im Ernst, würdet Ihr dieses erhitzte Stück Fleisch ernsthaft einem klassisch angebratenen Steak vorziehen? Ich nicht. Ich will Röstaromen.
Ich setze mich über derartige Rezepte eiskalt hinweg. Während ich grille oder brate, lasse ich mir liebend gern ungeliebte Rühr-, Knet-, Gar- oder Schneidarbeiten von meinem neuen Freund abnehmen, aber Steaks und größere Fleischstücke werden bei mir in der Pfanne, dem Tefal Optigrill * oder am Besten über meinem Weber Holzkohlegrill * zubereitet.
Ich setze mich genauso über Rezeptanweisungen hinweg wie früher, wenn ich denke es besser zu wissen. Wie es scheint, agiere ich in der Küche also immer noch wie ein mündiger Mensch. Ein Küchenrebell, trotz Thermomix, der jetzt mehr Zeit für andere Dinge hat.
Daniel Beckemeier
Auf seinem Blog pixelfriedhof.com schreibt der 31-jährige Nerd über IT- und Smart-Home-Themen. Inhaltlich beschäftigt sich der Softwareberater zudem mit der Fotografie, Reisen und kulinarischem Genuss in Form von Speisen oder Getränken.
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